Ein Schildbürgerstreich? In der Eingangshalle der Humboldt-Universität? Nein, hier muss es um Größeres, Höheres oder zumindest Tieferes gehen.
Ein Treppenwitz der Geschichte, so sehr er sich auch aufdrängt, kann es nicht sein. Denn weder ist ein geistreicher Gedanke zu erkennen, noch stellt er sich mit Verspätung ein.
Vielleicht handelt es sich um die in Marmor und Messing geronnene Erfahrung, dass angehende Philosophen zu psycho-optischen Herausforderungen neigen, wie sie bereits der Dichter Heinrich Hoffmann besang:
Wenn der Hans zur Schule ging,
Stets sein Blick am Himmel hing.
Nach den Dächern, Wolken, Schwalben
Schaut er aufwärts allenthalben:
Vor die eignen Füße dicht,
Ja, da sah der Bursche nicht,
Also daß ein jeder ruft:
“Seht den Hans Guck-in-die-Luft!”
Wer den Blick auf Weltveränderung richtet, kann leicht das Naheliegende übersehen. Wer sich im Langzeitgedächtnis der Geschichte bewegt, dem kann leicht aus dem Kurzzeitgedächtnis entfallen, dass er bereits beim letzten Schritt vor der nächsten Stufe gewarnt wurde.
Möglicherweise ist der Schilderreichtum aber auch der aktuellen Beobachtung geschuldet, dass der Blick auf die zu verändernde Welt heute nicht mehr philosophisch nach oben, sondern medientechnisch nach unten auf das Smartphone geht. Die Generation ‘Kopf runter’ ist zwar mobil, aber nur eingeschränkt mit der physischen Umwelt koordiniert und daher besonderen Gefährdungslagen ausgesetzt. Für diese Klientel haben die am Rande des Blickfelds um den Bildschirm aufblitzenden Messingschilder eine Chance, ihre Warnung zu übermitteln.
Vielleicht ist aber auch nur der Amtsschimmel durchgeritten und hat die eherne Treppengrundregel durchgesetzt: Wo eine Stufe ist, muss ein “Vorsicht” draufstehen.
Ein netter Gedanke – aber es handelt sich dabei schlicht um eine Arbeit der Künstlerin Ceal Floyer. Zum Beispiel hier nachzulesen:
https://www.hu-berlin.de/de/pr/medien/publikationen/humboldt/2009/200912/newsletter/201evorsicht-stufe-201c-2013-kunst-im-foyer-von-ceal-floyer
N. Altland, Student der Humboldt-Universität zu Berlin
Reingefallen. Hätt ich mir auch denken können. Wenn’s sonst keinen Sinn macht, isses Kunst. Die Irritation ist Frau Floyer gelungen. Danke für den Hinweis!